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Zur Haftung bei Impfschäden

Schutz oder Schaden? Impfungen dauern nur wenige Sekunden, Gerichtsverfahren wegen erlittener Schäden dagegen oft jahrelang.

Ein kleiner Pieks und schon ist es vorbei. Für gewöhnlich stimmt es, was einen der freundliche Arzt mit der ruhigen Stimme ins Ohr säuselt, kurz bevor er die Nadel ansetzt und den Impfstoff injiziert. Aber nicht immer verlaufen Vakzinationen komplikationslos. Über 60 Jahre liegt der Contergan-Skandal nun zurück und noch immer ist die Angst vor Impfschäden in Teilen der Bevölkerung spürbar. Das zeigt nicht zuletzt die Verunsicherung im Zusammenhang mit der Covid-19-Impfung: Spätfolgen seien noch nicht absehbar, es gebe zu wenige Erfahrungswerte zu möglichen Nebenwirkungen und überhaupt sei der Impfstoff viel zu rasch zugelassen worden.

Besonders die Schweden stehen einer Impfung gegen Covid-19 skeptisch gegenüber. Nach der Schweinegrippe-Impfung vor zehn Jahren traten bei Geimpften unerwartete Begleiterscheinungen auf. Nebenwirkungen, darüber sind sich wohl die meisten Experten einig, können bei Impfungen nie ausgeschlossen werden. Auch Schäden können vorkommen. Was gemein hin als „unerwünschte, negative Folge einer Impfung“ gilt, kann das Leben von Betroffenen massiv, oft ein Leben lang beeinträchtigen. Wer aber haftet, wenn Impfschäden auftreten und welche Ersatzansprüche haben Geschädigte?

In Österreich ist der Bund für Impfschäden verantwortlich. Gesetzlich verankert ist das im Impfschadengesetz aus dem Jahr 1973. Eine Haftung kommt für Schäden in Frage, die entweder durch die Pockenschutzimpfung, die Mutter-Kind-Pass-Impfungen oder durch eine empfohlene Impfung verursacht worden sind. Empfohlenen Impfungen werden in Verordnungen des Gesundheitsministeriums festgelegt und müssen zur Abwehr einer Gefahr für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung geeignet sein. Erst kürzlich wurde diese Liste um die Covid-19-Impfung erweitert, sie umfasst jetzt insgesamt 16 Impfungen, darunter Hepatitis B, Influenza, Masern, Meningokokken, Mumps, Röteln und Tetanus.
Bei diesen Impfungen ist das Impfschadengesetz anwendbar. Somit können auch bei Schäden infolge einer Covid-19-Impfung grundsätzlich Entschädigungen vom Bund gefordert werden. Vom Entschädigungsanspruch umfasst sind die Behandlungs- und Rehabilitationskosten, aber auch andere Leistungen, etwa eine Beschädigtenrente, die ab dem 15. Lebensjahr gefordert werden kann, wenn Dauerschäden vorliegen und die Erwerbsfähigkeit in Folge der Impfung länger als drei Monate um mindesten 20 % gemindert ist. Daneben sieht das Gesetz auch einmalige Entschädigungsbeträge und Leistungen für Hinterbliebene vor. Voraussetzung ist, dass die jeweilige Impfung in Österreich erfolgte, eine österreichische Staatsbürgerschaft ist indes nicht erforderlich.

Wer der Meinung ist, aufgrund einer Impfung an der Gesundheit geschädigt worden zu sein, kann einen entsprechenden Antrag beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen stellen. Ob der Anspruch berechtigt ist, wird anschließend in einem Verfahren geklärt. In mehreren Entscheidungen hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) darauf hingewiesen, dass es in solchen Verfahren die Aufgabe eines medizinischen Sachverständigen ist, herauszufinden, ob zumindest ein wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen Impfung und Schaden vorliegt, eine „Kausalitätswahrscheinlichkeit“. Dem Gutachter kommt damit eine ganz zentrale Rolle im Entschädigungsverfahren zu. Wenngleich eine tatsächliche Schadensverursachung durch die Impfung nicht nachgewiesen werden muss, sind nur jene Impfgeschädigten anspruchsberechtigt, bei denen eine erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigung vorliegt.
Impfschäden und Entschädigungsansprüche werden von den Gerichten häufig verneint, beispielhaft ist ein Fall aus dem Jahr 2014: Ein Mann behauptete, eine Polio-Salk-Impfung im Jahr 1989 hätte bei ihm zu Impfschäden geführt. Nach Ansicht der Behörde war eine Kausalität jedoch nicht gegeben, noch nicht einmal wahrscheinlich. Auch der VwGH kam zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Schäden des Antragstellers um eine nicht impfbedingte Erkrankung handle. In einem anderen Fall, selbes Jahr, hat das Verwaltungshöchstgericht einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Masern/Mumps-Impfung beziehungsweise einer Impfung gegen Diphtherie/Tetanus und der Epilepsie-Erkrankung des Betroffenen mit Verweis auf ein eingeholtes Sachverständigengutachten ebenfalls vereint.

In letzter Instanz erfolgreich war hingegen der Antrag eines Geschädigten im Jahr 2013: Weil ein Verfahrensmangel vorlag, hob das Verwaltungshöchstgericht einen Bescheid, mit dem die Gewährung einer Entschädigungsleistung nach dem Impfschadengesetz versagt wurde, nachträglich auf. Auch Sachverständigengutachten sind nicht immer fehlerfrei, das zeigt ein Fall aus dem Jahr 2015: Der Antragsteller führte seine geistige Behinderung auf die Verabreichung einer empfohlenen und im Mutter-Kind-Pass genannten Impfung gegen Diphterie, Tetanus und Pertussis zurück. Ein im Verfahren hinzugezogener Sachverständiger gelangte zwar zu dem Schluss, dass möglicherweise eine neurologische Erkrankung für die Behinderung verantwortlich ist, einen Impfschaden hielt er dagegen für eher unwahrscheinlich. Fundierte Hinweise für seine These konnte er jedoch nicht liefern, weshalb der VwGH das Gutachten und damit auch die Begründung der Vorinstanz für unzureichend erklärte. Wird nämlich ein Impfschaden nicht anerkannt, weil eine andere Erkrankung als Ursache für die Schäden wahrscheinlicher ist, bedürfe es zumindest einer schlüssigen Begründung, so die Argumentation des VwGH damals.

Ansprüche aufgrund von Impfschäden durchzusetzen ist ein schwieriges, aber keineswegs aussichtsloses Unterfangen. Das zeigt auch die Statistik: 2019 wurde immerhin 88 Personen eine Beschädigtenrente nach dem Impfschadengesetz ausbezahlt. Seit 1990 wurden insgesamt 409 Schädigungen anerkannt.

STEPHAN KLIEMSTEIN