AllgemeinBildzitat: Die Grenzen des Urheberrechts

Dezember 10, 2019

Kein Plagiat dank Zitat: Wann Bilder ohne Zustimmung des Urhebers verwendet werden dürfen.

Im Urheberrecht gilt: Ohne Einwilligung des Rechteinhabers dürfen Fotos grundsätzlich nicht verwendet werden. Wer dagegen verstößt, kann vom Urheber auf Unterlassung und Schadenersatz geklagt werden. Doch dieser Grundsatz unterliegt gewissen Schranken, man nennt das freie Werknutzung. Privatkopien fallen beispielsweise darunter, aber die auch Vervielfältigungen für schulische oder kirchliche Zwecke.

Und auch für Medien bestehen Ausnahmeregelungen, die es gestatten, fremde Bilder im Print-, oder Online-Bereich unter bestimmten Voraussetzungen zu veröffentlichen, auch wenn der Urheber seine Erlaubnis hierzu nicht erteilt hat. Zulässig ist die Veröffentlichung etwa, wenn das Foto erst im Zuge der Berichterstattung über ein Tagesereignis öffentlich wahrnehmbar wurde. Im Rahmen der tagesaktuellen Bildberichterstattung lässt sich nämlich kaum vermeiden, dass Werke wiedergegeben werden, deren Urheber nicht oder nicht mit zumutbarem Aufwand in der Kürze der Zeit ermittelt werden können.

Daneben gibt es auch noch den Ausnahmetatbestand des Bildzitats, ein Ausfluss des Rechtes auf freie Meinungsäußerung. Ähnlich wie beim Zitieren von Texten erlaubt es das Urheberrecht auch fremde Bilder zu verwenden, wenn dabei gewisse Vorgaben eingehalten werden. Voraussetzung ist, dass die Bildveröffentlichung eine Zitat- und Belegfunktion hat. Das Bild darf also nicht nur allein der Illustration dienen, um beim Leser oder Zuseher Aufmerksamkeit zu erheischen. Zwischen dem Recht auf freie Meinungsäußerung und den Ausschließlichkeitsrechten des Urhebers hat bei der Prüfung der Zulässigkeit eine Interessensabwägung stattzufinden. Dient die Veröffentlichung des Bildes bloß der Befriedigung von Neugierde und Sensationslust? Lässt sich der Zitatzweck nicht auch anders erreichen – etwa durch Einholung der Einwilligung des Rechteinhabers oder durch Beschreibung des Bildes mit eigenen Worten?

Nur wenn die Bildveröffentlichung die geforderte Zitat- und Belegfunktion erfüllt und eine Beschreibung mit Worten diesem Zweck nicht im selben Ausmaß gerecht werden würde, darf das Bild im Rahmen des Bildzitats verwendet werden. Diese Rechtsansicht hat der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem aktuellen Urteil bestätigt. Hintergrund war ein seit Jahren andauernder Urheberrechtsstreit zwischen zwei Medienunternehmen. Die Klägerin, Inhaberin einer Gratiszeitung und Betreiberin der dazugehörigen Website, veröffentlichte im Internet einen Artikel über einen Polizeieinsatz im Straßenverkehr. Zur Illustration wurde ein Lichtbild verwendet, das eine Fahrradfahrerin zeigte. Was im Bericht nicht offengelegt wurde: Der Einsatz betraf die Chefredakteurin der Zeitung, die für ein Verkehrsdelikt bestraft wurde. Eben diese Chefredakteurin war es auch, die auf dem Foto zu sehen war.

Die unterlassene Offenlegung nahm das beklagte Medienunternehmen zum Anlass, um auf seiner eigenen Website einen Aufdecker-Artikel zu veröffentlichen, mit dem aufgezeigt werden sollte, dass die Klägerin bei der Gestaltung des Berichts gegen das mediale Transparenzgebot verstoßen habe. Im Rahmen dieser kritischen Auseinandersetzung wurde auch das Bild, das die Chefredakteurin zeigt, veröffentlicht. Weil die Bildveröffentlichung ohne Zustimmung der klagenden Zeitung erfolgte, forderte diese die sofortige Unterlassung der aus ihrer Sicht unzulässigen Verbreitung des Lichtbildes. Die beklagte Partei hingegen berief sich auf eine Berichterstattung über ein Tagesereignis sowie auf die Ausübung des Zitatrechts.

Während die Vorinstanzen dem Unterlassungsbegehren der Klägerin stattgaben, hielt der OGH die Veröffentlichung des Fotos in letzter Instanz für zulässig: Zwar könne sich die Beklagte nicht auf die Berichterstattung über Tagesereignisse berufen, weil das Verkehrsdelikt der Chefredakteurin schlichtweg nicht als Tagesereignis zu werten sei. Dafür sei die Veröffentlichung aber als Bildzitat zulässig gewesen, so das Höchstgericht. Dem veröffentlichten Lichtbild sei im Artikel eine Beleg- und Beweisfunktion zugekommen und konnte eine Beschreibung mit Worten diesem Zweck nicht im selben Ausmaß gerecht werden, weil erst durch das Lichtbild aus einer bloßen Behauptung eine bewiesene Tatsache geworden sei. Darüber hinaus habe das Medienunternehmen mit seiner Klage augenscheinlich nur den Zweck verfolgt, eine kritische Berichterstattung über sich selbst zu verhindern.

Im Ergebnis schlug die Interessenabwägung somit zugunsten der Beklagten aus. Das Unterlassungsbegehren wurde abgewiesen.

STEPHAN KLIEMSTEIN