Eine neue Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes verrät, ob Verwaltungsstrafen mit dem Tod erlöschen. Verlassenschaften abzuwickeln ist für viele Angehörige eine psychische Belastung, die das ohnehin schon tragische Ereignis zusätzliche erschwert – besonders, wenn der Verstorbene ein schreckliches Papierchaos hinterlassen hat und in den Unterlagen plötzlich zusammengeknüllte Strafverfügungen und Mitteilungen über anhängige Verwaltungsstrafverfahren auftauchen. Wer muss diese Strafen bezahlen? Etwa die Hinterbliebenen?
Das Gute vorweg: Zumindest über solche Formalitäten brauchen sich Erben nicht den Kopf zermartern. Denn nach den Grundsätzen des österreichischen Verwaltungsstrafrechts erlöschen Strafen mit dem Tod. Wer stirbt, hinterlässt seinen Liebsten also keine Geldstrafen. Und auch die Kosten eines Strafverfahrens können in diesem Fall nicht mehr vollstreckt und folglich auch nicht im Verlassenschaftsverfahren als Forderung angemeldet werden.
Weitaus komplizierter wird es, wenn beispielsweise der Obmann eines Vereins oder der Geschäftsführer in seiner Funktion als Vertreter des Unternehmens eine Verwaltungsübertretung begangen hat und verstirbt, bevor die Strafe gegen ihn vollstreckt werden konnte. Rechtlich stellt sich nämlich dann die Frage, ob der Verein oder die Firma die Geldstrafe bezahlen muss – ob also die Haftung auf die juristische Person übergeht?
Ein solcher Fall lag unlängst dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zur Beurteilung vor: Weil der Obmann eines Vereins gegen gewerberechtliche Bestimmungen verstoßen hatte, wurde über ihn eine Geldstrafe verhängt. Der Obmann, er war sich offenbar keiner Verfehlung bewusst, brachte gegen das Straferkenntnis ein Rechtsmittel ein. Allerdings scheiterte er mit seiner Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht, das – wie schon die Behörde zuvor – eine Übertretung ortete und folglich das Erkenntnis des Magistrats der Stadt Wien bestätigte. Danach verstarb der Mann.
Nachdem die Behörde die verhängte Strafe und auch die Kosten des Strafverfahrens weder beim Verstorbenen noch bei dessen Erben geltend machen konnte, beabsichtigte das Magistrat die Geldbeträge dem Verein aufzubrummen. Nicht ohne Gegenwehr. Der Verein wehrte sich erfolgreich gegen die Vorschreibung und siegte in letzter Instanz.
Streitpunkt im Verfahren war die Auslegung einer Bestimmung im Verwaltungsstrafgesetz, wonach der Vertreter und die juristische Person für verhängte Geldstrafen und Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand, also solidarisch haften. Damit steht es der Behörde grundsätzlich frei, bei wem sie das Geld eintreibt. Nach Ansicht des Magistrats sollte das auch für den Fall gelten, dass der belangte Vertreter des Vereins verstirbt, noch bevor er die Strafe und die Verfahrenskosten bezahlt hat. Das Verwaltungshöchstgericht sah das anders: Mit dem Tod des Obmanns sei die Vollstreckbarkeit der verhängten Geldstrafe und auch der Kosten des Strafverfahrens nicht nur gegenüber dem Vertreter, sondern auch gegenüber dem Verein erloschen. Im Ergebnis konnte die Forderung daher nicht mehr einbringlich gemacht werden. Das Verfahren wurde rechtskräftig eingestellt.
STEPHAN KLIEMSTEIN
Rechtsanwalt & Partner