Vorsicht, Glatteis: Wer haftet für Ausrutscher in der kalten Jahreszeit?
Alle Jahre wieder, wenn es Frau Holle wieder einmal gut meint, herrscht allgemeine Verunsicherung: Wer muss wie, wo, wann und wie oft Schnee räumen? Kurzum: Wen trifft die Winterdienstpflicht? Mit Schnee und Eis kommt nämlich auch die Verpflichtung, Gehwege zu räumen und mit Splitt zu bestreuen. Wir gehen den wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema Winterdienst auf den Grund.
Wer muss sich um die Schneeräumung kümmern?
Verantwortlich für den Winterdienst ist der Wegehalter, also in der Regel der Grundstückseigentümer oder eine Eigentümergemeinschaft. Wer nicht selbst zur Schaufel greifen will, muss andere mit der Räumung beauftragen. Dabei empfiehlt es sich, einen Fachmann zu engagieren, beispielsweise eine professionelle Hausbetreuungsfirma. Wer nämlich eine ungeeignete Person beauftragt, muss sich deren Fehlverhalten zurechnen lassen und kann für Unfälle unter Umständen selbst haftbar gemacht werden.
Wann muss der Winterdienst erledigt werden?
Nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung müssen Eigentümer von Liegenschaften innerhalb von Ortschaften täglich zwischen 6 und 22 Uhr dafür sorgen, dass öffentliche Gehwege vor ihrem Haus, die weniger als 3 Meter von der Liegenschaft entfernt sind, von Schnee und anderen Verunreinigungen befreit sind. Bei Schnee und Glatteis muss selbstverständlich auch gestreut werden. Auch der Gehsteigbereich bei Bushaltestellen entlang der Liegenschaftsgrenze ist zu sichern. Gehsteiglose Straßen entlang der Grundgrenze müssen auf einen Meter Breite geräumt und bestreut werden. Diese Verpflichtung gilt auch an Feiertagen, zu Weihnachten genauso wie zu Silvester. Und weil vorausschauende Maßnahmen zur Befahrbarkeit der Straßen in der Regel nicht oder nur schwer geplant werden können, muss bei plötzlich einsetzendem starken Schneefall und Frost grundsätzlich sofort reagiert werden.
Wie häufig muss geräumt werden?
In der Straßenverkehrsordnung finden sich keine Angaben darüber, wie oft geräumt werden muss, um nicht als Wegehalter zu haften. Grundsätzlich gilt, dass sich die Wegehalterpflichten auch bezüglich des Winterdienstes an der Zumutbarkeit der Maßnahmen zu orientieren haben. Diese Zumutbarkeit kann von Fall zu Fall unterschiedlich sein, sie hängt auch davon ab, wo der Schneefall einsetzt. In einer abgelegenen Gegend wird die Pflicht zur Räumung weniger streng gelebt werden müssen, als in der stark frequentierten Innenstadt. Üblicherweise wird in einem Intervall von vier bis sieben Stunden geräumt, zumindest sehen das viele Winterdienstverträge so vor. Der Umfang der Streu- und Räumpflichten richtet sich dabei nach den konkreten Wetterverhältnissen, es kommt also darauf an, ob durch die Maßnahmen ein zusätzlicher Sicherungseffekt erzielt werden kann. Diesbezüglich gibt es auch Entscheidungen, wonach eine ununterbrochene Schneeräumung und Sicherung der Verkehrswege bei andauerndem Schneefall unzumutbar ist.
Für welchen Zeitraum gelten die Verträge?
Der Zeitraum von Winterdienstverträgen kann individuell festgelegt werden. Üblicherweise laufen die Verträge von 1. November bis 15. April. Sie können für eine Saison oder unbefristet mit einer Möglichkeit zur Kündigung abgeschlossen werden. Wichtig ist dabei, dass auch die Frage, wer sich um die Streusplittentfernung zu kümmern hat, vertraglich geregelt wird. Auch der Zeitpunkt sollte nach Möglichkeit definiert werden. Da auch hierzu eine gesetzliche Regelung fehlt, läuft es meist auf die allgemeine Formulierung in der Winterdienstverordnung hinaus. Darin heißt es, dass der Splitt zu entfernen ist, sobald er für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer nicht mehr nötig ist. Üblicherweise wird der Splitt nach einigen Tagen und Nächten mit Plusgraden entfernt.
Wer haftet für Verletzungen?
Wird die Winterdienstpflicht vernachlässigt und verletzt sich jemand, weil nicht ordentlich geräumt oder gestreut wurde, so haftet grundsätzlich der Grundstückseigentümer oder die Eigentümergemeinschaft – und zwar auch dann, wenn der Verletzte selbst Miteigentümer der Liegenschaft ist. Wurde ein Drittunternehmen beauftragt, haftet dieses laut Straßenverkehrsordnung direkt, weil es selbst zum Winterdienst verpflichtet ist. Der Wegehalte haftet in diesem Fall nur, wenn er ein „untaugliches oder untüchtiges“ Unternehmen beauftragt hat.
STEPHAN KLIEMSTEIN