Wie verhält man sich auf der Skipiste richtig? Gilt rechts vor links? Muss ich bei einem Unfall stehen bleiben? Ein Überblick über die wichtigsten Regeln.
Im Reich der Mythen des Wintersports: Darüber, wie man sich auf der Skipiste richtig verhält, gibt es viele Mythen. Und das liegt sicher nicht nur daran, weil der Jagertee bei dem ein oder anderen Sportler offenbar die Kreativität anregt. Zwar haben die meisten schon einmal von den international gültigen Regeln der FIS (Federation Internationale de Ski) gehört – wie die Sportregeln im Detail aussehen, wissen dagegen nur wenige.
Die FIS-Regeln sollen helfen, Unfälle im Alpinsport zu vermeiden oder die Verschuldensfrage zu klären. Denn um festzustellen, wer an einem Unfall die Schuld oder ein Mitverschulden trägt, greifen die Gerichte und Sachverständigen auf diese Regeln zurück. Wer dagegen verstößt, handelt grundsätzlich schuldhaft und hat im Falle eines Unfalls, neben Schadenersatzansprüchen auch strafrechtliche Konsequenzen zu befürchten. Im Schnitt begeht jeder fünfte Pistenteilnehmer, der in Österreich einen Unfall verursacht hat, Fahrerflucht. Laut dem österreichischen Kuratorium für alpine Sicherheit liegt demnach der Anteil der Unfälle mit Fahrerflucht bei 22 Prozent. Was viele nicht wissen: Durch das Imstichlassen eines Verletzten drohen im Falle einer leichten Körperverletzung bereits Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr. Hat sich der Verunfallte schwer verletzt, sind es sogar drei Jahre. Was ebenfalls oft vergessen wird: Auf der Piste herrscht Ausweispflicht. Jeder Skifahrer, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss sich im Falle eines Unfalls ausweisen können und seine Personalien angeben.
Gilt rechts vor links? Eine Rechtsregel im Sinne der Straßenverkehrsordnung gibt es auf der Piste nicht. Stattdessen besagt die erste FIS-Regel, das ein Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme gilt – und zwar nicht nur auf gesicherten Pistenarealen sondern auch in Funparks, beim Tourengehen oder Freeriden. Ein weiterer Grundsatz lautet, dass jeder Fahrer seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können oder der Situation anpassen muss. Es gibt zwar kein Alkoholverbot auf der Skipiste, trotzdem gilt: Wer betrunken fährt und einen Unfall verursacht, haftet für die Folgen.
Nachfolgend die zehn FIS-Regeln im Überblick:
1. Rücksicht auf die anderen.
Jeder Skifahrer muss sich stets so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt. Dazu zählt neben einer rücksichtsvollen und dem eigenen Können angepassten Fahrweise auch die Ausstattung mit geeigneter Skiausrüstung. Das bedeutet zum Beispiel, dass sich im Falle eines Sturzes und einer Kollision auf Grund einer zu locker eingestellten Bindung, der Verursacher nicht auf die mangelhafte Bindungseinstellung berufen kann. Vielmehr hätte er im Gerichtsverfahren nachzuweisen, dass die Skibindung korrekt eingestellt war und ihn somit am Sturz tatsächlich kein Verschulden trifft. Gemeint sind auch alle skiähnlichen Gleitgeräte auf Schnee, wie Big Foot, Short Carver, Snowboard, Snow Bike u.ä.
2. Beherrschung der Geschwindigkeit und der Fahrweise.
Jeder Skifahrer muss auf Sicht fahren. Er muss seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise seinem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen.
3. Wahl der Fahrspur.
Der von hinten kommende Skifahrer muss seine Fahrspur so wählen, dass er vor ihm fahrende Skifahrer nicht gefährdet.
4. Überholen.
Überholt werden darf von oben oder unten, von rechts oder links, aber immer nur mit einem Abstand, der dem überholten Skifahrer für alle seine Bewegungen genügend Raum lässt.
5. Einfahren, Anfahren und hangaufwärts Fahren.
Jeder Skifahrer, der in eine Abfahrt einfährt, nach einem Halt wieder anfährt oder hangaufwärts schwingen oder fahren will, muss sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann.
6. Anhalten.
Jeder Skifahrer muss es vermeiden, sich ohne Not an engen oder unübersichtlichen Stellen einer Abfahrt aufzuhalten. Ein gestürzter Skifahrer muss eine solche Stelle so schnell wie möglich freimachen.
7. Aufstieg und Abfahrt.
Ein Skifahrer, der aufsteigt oder zu Fuß absteigt, muss den Rand der Abfahrtsstrecke benutzen.
8. Beachten der Zeichen.
Jeder Skifahrer muss die Markierungen und die Signale beachten.
9. Verhalten bei Unfällen.
Bei Unfällen ist jeder zur Hilfeleistung verpflichtet.
10. Ausweispflicht.
Jeder Skifahrer, ob Zeuge oder Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss im Falle eines Unfalles seine Personalien angeben.
STEPHAN KLIEMSTEIN