Allgemein„Kein Vertrag mit der Polizei“: Ein Fall zum Waffenrecht

Dezember 31, 2018

VwGH: Wer den österreichischen Staat ablehnt, darf keine Waffe besitzen.

Ab 1. Jänner 2019 gilt das neue Waffengesetz (WaffG). Es soll nötige Verschärfungen und auch eine Stärkung der Rechtssicherheit bringen. Beides ist dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) noch vor Inkrafttreten der neuen Gesetzesbestimmungen mit einer aktuellen Entscheidung gelungen.

Kann einem Staatsverweigerer die Waffenbesitzkarte entzogen werden, weil er aufgrund seiner ablehnenden Haltung gegenüber den Grundfesten unserer Gesellschaft als unzuverlässig gilt? Mit dieser Frage, zu der es noch keine verlässliche Judikatur gab, befasste sich jetzt das Verwaltungshöchstgericht. Hintergrund: Ein Mann beschwerte sich, weil ihm die Waffenbesitzkarte abgenommen wurde. Als Mitgliedschaft in einer staatsfeindlichen Verbindung, einer „souveränen Bewegung“, würde er die Legitimation des Staates leugnen und damit auch die bundes- oder landesgesetzlichen Bestimmungen – insbesondere das WaffG und die darauf gegründeten Rechtsvorschriften – nicht als verbindlich anerkennen. Er verfüge daher nicht mehr über die erforderliche waffenrechtliche Verlässlichkeit, die aber Voraussetzung für die Waffenbesitzkarte ist. So begründete die Behörde ihre Entscheidung.

Diese Bedenken kamen nicht von ungefähr: Als Reaktion auf Strafverfügungen soll der Mann Briefe an Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft mit „sofort vollstreckbaren Obligationen“, also Geldstrafen, verschickt oder zumindest veranlasst haben. Wer die Schreiben verfasst hat, blieb unklar. In den Briefen hieß es etwa, dass er als „delegierter Menschenrechtskommissiar“ Immunität genieße. Zudem wurden Legitimationsnachweise von den Beamten angefordert sowie notarielle Beglaubigungen der Gründungsurkunde der Republik Österreich und des Bundeslandes. Dafür wurde der Behörde eine Frist von 72 Stunden gesetzt. In Ermangelung eines Vertrages mit der „Firma Polizei“ möge man den Mann künftig nicht mehr in seiner Privatsphäre stören, hieß es weiter.

Aufgrund dieses Verhaltens ging auch das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Mann keine ausreichende Verlässlichkeit aufweist. Vielmehr sei ob seiner Gesinnung zu befürchten, dass er die Regelungen des Waffengesetzes und seiner Durchführungsverordnungen nicht strikt befolgen werde. In diesem Fall sind österreichische Behörden verpflichtet, einer Person die waffenrechtliche Urkunde zu entziehen. Dabei handelt es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, sondern um eine administrative Maßnahme, die ein gewisses Sicherheitsniveau gewährleisten soll. Bei der Beurteilung der Verlässlichkeit hat eine Prognose des zukünftigen Verhaltens zu erfolgen, unter anderem der Geisteshaltung, Sinnesart und konkreten Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften der jeweiligen Person. Im Hinblick auf das mit dem Waffenbesitz verbundene Sicherheitsbedürfnis ist dabei ein strenger Maßstab anzulegen.

Das Verwaltungshöchstgericht bestätigte nunmehr die Entscheidung der Vorinstanzen, der Entzug erfolgte sohin rechtmäßig: Angesichts der „notorisch fundamentalen Ablehnung österreichischer Hoheitsrechte“ hielt der VwGH den Entzug der Waffenbesitzkarte für dringend geboten. Das Verhalten des mutmaßlichen Staatsverweigerers ließe erkennen, dass dieser nicht bereit sei, die maßgeblichen waffenrechtlichen Rechtsvorschriften – zu denen auch die Duldung von Kontrollen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zählt – anzuerkennen.

Abschließend musste der VwGH auch das Vorbringen des Mannes klären, er habe die Strafverfügungen lediglich an dritte Personen weitergeleitet und von den anschließenden Schreiben an die Behörde keine Kenntnis gehabt. Die Richter zeigten dafür kein Verständnis: Werden einer Vereinigung, die in notorischer Weise österreichische Rechtsvorschriften fundamental ablehnt, Strafverfügungen weitergeleitet, wird damit zumindest in Kauf genommen, dass diese Vereinigung wie im vorliegenden Fall reagiert. Die Schreiben und deren Inhalt sind dem Mann daher zuzurechnen, egal ob er sie selbst verfasst oder sie lediglich an eine „souveräne Bewegung“ weitergeleitet hat. Der VwGH wies daher die Revision des Mannes ab.

STEPHAN KLIEMSTEIN