Im Netz müssen sich Unternehmer immer öfter anonymer Kritik stellen. Doch nicht alle Postings sind wahr. Was bei Bewertungen im Internet erlaubt ist – und was nicht.
Hotels, Restaurants, Ärzte, Installateure: Sie alle werden täglich im Internet bewertet. Kritiken auf Bewertungsplattformen wie Tripadvisor oder kununu stellen im Wirtschaftsleben immer bedeutendere Kommunikationsmittel für Kunden und Unternehmer dar, speziell wenn es darum geht, Feedback über Waren und Dienstleistungen zu erhalten. Dabei wird nicht immer fair gespielt – und allzu negative Beiträge können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Was ist bei Bewertungen im Internet erlaubt und was nicht?
Der Kellner war unhöflich, der Handwerker zu teuer und der Zahnarzt zu grob? Wer seinem Ärger im Internet Luft machen möchte, sollte in erster Linie sachlich bleiben. Kritik ist erlaubt, sie muss aber wahr und darf nicht beleidigend sein. Selbst zugespitzte oder polemische Äußerungen über Personen und Unternehmen sind meist zulässig. Bei der Beurteilung, was gerade noch in Ordnung und wo die Grenze bereits überschritten ist, hat eine Abwägung zwischen Meinungsfreiheit und den Interessen des Unternehmers stattzufinden. Dabei ist es oft nur ein sehr schmaler Grad zur Kreditschädigung, Verleumdung oder Beleidigung.
Was sind Fake-Postings?
Ein guter Ruf ist Firmen oft viel Geld wert. Gerade im Online-Bereich werden bezahlte Inhalte oder nicht recherchierte Behauptungen häufig als objektive redaktionelle Berichterstattung dargestellt, obwohl das nicht den Tatsachen entspricht. Oder es werden „getürkte“ Postings als subjektive Meinungen vorgetäuscht. Ob hinter den Profilen authentische, ehrliche Menschen oder aber raffinierte Werber stecken, ist oft nicht eruierbar. Online-Reputationsmarkting nennt sich das – wenn Unternehmen oder ihre Werbeagenturen Postings, Blogs, Foreneinträge und Social-Media-Kommentare manipulieren, um die öffentliche Meinung positiv zu beeinflussen oder Konkurrenten gezielt zu schädigen. Eine fragwürdige Entwicklung, die der PR-Ethik-Rat jedes Jahr aufs Neue anprangert.
Fake oder nicht Fake, das ist hier die Frage
Wahre Dinge darf man durchaus sagen, auch wenn sie manche womöglich als unbequem empfinden. Werden aber Unwahrheiten verbreitet, kann der Betroffene dagegen rechtlich vorgehen – entweder gegen den Poster selbst oder gegen den Betreiber des Bewertungsportals, wenn dieser den Eintrag trotz Kenntnis nicht sofort löscht. Immer mehr Unternehmer setzen sich gegen solche Fake-Postings zur Wehr, spätestens seit bekannt ist, dass Werbeagenturen im Auftrag von Mitbewerbern ganz gezielt Unwahrheiten über die Konkurrenz verbreiten. Was viele nicht wissen: Nachweislich falsche oder haltlose Kritiken können richtig teuer werden. Geht mit dem unwahren Eintrag ein Umsatzrückgang einher, kann das betroffene Unternehmen Schadenersatz verlangen.
Welche rechtlichen Folgen können Fake-Postings haben?
Werbliche Einschaltungen, für deren Veröffentlichung Geld bezahlt wird, müssen nach dem Mediengesetz entsprechend als „Werbung“ oder „Anzeige“ gekennzeichnet sein. Bei einem Verstoß drohen Geldbußen bis zu 20.000 Euro. Auch wenn bei Bewertungen im Netz, anders als bei Blogs, meist sofort erkennbar ist, dass kein redaktioneller Beitrag, sondern eine subjektive Wertung eines Einzelnen vorliegt und daher in diesem Fall die Kennzeichnungsbestimmungen nicht greifen, kann dennoch eine unzulässige Irreführung vorliegen. Bei einem Fake-Posting durch eine Werbeagentur oder einen Mitbewerber liegt eben gerade keine private Meinung vor – es wird vielmehr versucht, die öffentliche Wahrnehmung gezielt zu manipulieren, also in die Irre zu führen.
Fälschliches Auftreten als Verbraucher ist verboten
Irreführende oder aggressive Geschäftspraktiken sind nach dem Wettbewerbsrecht strengstens untersagt. Wenn also dem Internet-User in Foren und auf Bewertungsplattformen suggeriert wird, dass Verbraucher hier ihre persönliche Erfahrung schildern, obwohl in Wahrheit eine Medienagentur im Auftrag von Mitbewerbern schlechte Kritiken abgibt, liegt ein Verstoß gegen die „schwarze Liste“ des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerbs (UWG) vor. Fälschliches Auftreten als Verbraucher ist danach per se verboten. Neben einer Täuschung kommen auch Verletzungen des Wahrheitsgrundsatzes und Kundenfang in Betracht. Ebenfalls verboten: Als Information getarnte Werbung. Dabei dienen redaktionelle Inhalte nur zum Schein für bezahlte Werbung. Manipulierte Kommentare können wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche sowohl des Mitbewerbers als auch des Plattformbetreibers, der sich gegen den Eingriff in seinen Geschäftsbetrieb wehren kann, zur Folge haben. Wer gezielt Unwahrheiten verbreitet, um einen Mitbewerber zu schädigen, hat unter Umständen auch eine Herabsetzung zu verantworten und muss dem Verletzten Schadenersatz bezahlen.
Wenn Lügen zur Straftat werden
Eine starke Waffe im Kampf gegen Lügen und Denunzierungen im Netz ist der relativ junge Straftatbestand mit dem sperrigen Titel „Fortgesetzte Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Computersystems“, kurz: Cyber-Mobbing. Demnach macht sich strafbar, wer Personen in der Lebensführung über eine längere Zeit unzumutbar beeinträchtigt. Strafrahmen: Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Gerade auch bei Ehrenverletzungen in Foren oder bei Facebook kommt diese Bestimmung in Frage – wenn etwa fälschlicherweise behauptet wird, dass ein Restaurant seine Mitarbeiter „schwarz“ beschäftigt, die Hygienevorgaben nicht beachtet werden oder der Inhaber ein Betrüger ist. In solchen Fällen hat die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft die Identität des Nutzers, der die Einträge gepostet hat, auszuforschen. Davon profitieren auch die Opfer, denn meist sind die Täter im World Wide Web auf eigene Faust nur schwer zu enttarnen.
STEPHAN KLIEMSTEIN