AllgemeinWann darf ein Arbeitgeber Videokameras einsetzen?

Jänner 15, 2018

Post versus Datenschutzbehörde: In einem Verfahren vor dem VwGH wurden die rechtlichen Voraussetzungen für eine Videoüberwachung geklärt.

Seit vielen Jahren ist im österreichischen Datenschutzrecht geregelt, dass eine Videoüberwachung zur Mitarbeiterkontrolle strengstens verboten ist. Es ist also unzulässig, wenn ein Arbeitgeber die Leistung seiner Mitarbeiter anhand von Kameras überprüft. Erlaubt ist der Einsatz eines Videoüberwachungssystems nur dann, wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht und die Schutzinteresse der Arbeitnehmer nicht entgegenstehen. Etwa wenn die Anlage primär zum Schutz vor Einbrüchen oder Diebstählen dient.

Welche Voraussetzung beim Einsatz von Videokameras in Unternehmen zu beachten sind, stellte der Verwaltungsgerichtshof jüngst in einem Urteil klar: 2013 hatte die Österreichische Post AG beim Datenverarbeitungsregister die Meldung einer Datenanwendung mit der Bezeichnung „Videoüberwachung Unternehmenszentrale, 1030 Wien“ erstattet. Hintergrund: Der Einsatz von Videokameras ist – in den meisten Fällen – meldepflichtig und bedarf einer Vorabkontrolle sowie einer Genehmigung durch die Datenschutzbehörde.

In der Meldung an die Datenschutzbehörde hieß es, dass die Datenanwendung automationsunterstützt erfolgen und strafrechtlich relevante Daten beinhalten soll. Als Zweck für die Überwachung wurden „Eigen­/Objektschutz bzw. Erfüllung rechtlicher Sorgfaltspflichten, jeweils einschließlich der Beweissicherung […]“ angegeben. In einer Anlage waren die überwachten Bereiche aufgelistet. Sie betrafen vor allem die Ein­ und Ausgänge. Eine Überwachung von Arbeitsplätzen sollte nicht erfolgen und die Auswertung der Videodaten ausschließlich im konkreten Anlassfall geschehen.

Die Datenschutzbehörde (damals noch die Datenschutzkommission) trug der Post im Rahmen eines Verbesserungsauftrages auf, entsprechende Betriebsvereinbarungen vorzulegen. Die Post verweigerte dies, weil sie der Ansicht war, dass eine Betriebsvereinbarung im gegenständlichen Fall nicht erforderlich sei. Die Registrierung wurde daraufhin abgelehnt, woraufhin sich die Post beim Bundesverwaltungsgericht beschwerte, das die Beschwerde aber als unbegründet abwies.

In letzter Instanz entschied nun der Verwaltungsgerichtshof: Nach dem Datenschutzgesetz müssen Videoüberwachungen bei der Datenschutzbehörde gemeldet werden. Sie unterliegen – abgesehen von wenigen Ausnahmen – auch einer Vorabkontrolle. Soweit nach dem Arbeitsverfassungsgesetz in diesem Zusammenhang Betriebsvereinbarungen abzuschließen sind, müssen diese im Registrierungsverfahren vorgelegt werden. In der Regel ist für eine Videoüberwachung, soweit damit die Ermittlung von personenbezogenen Daten des Arbeitnehmers einhergeht, die Zustimmung des Betriebsrats notwendig. Aber darf die Registrierung einer Videoüberwachung wirklich verweigert werden, wenn keine Betriebsvereinbarung vorgelegt wurde?

Der VwGH führte dazu aus, dass die Datenschutzbehörde im Registrierungsverfahren als Vorfrage beurteilen muss, ob eine Betriebsvereinbarung abzuschließen ist. Ist demnach eine Betriebsvereinbarung erforderlich und wird diese im Verfahren nicht vorgelegt, ist die Meldung als mangelhaft anzusehen und eine Verbesserung aufzutragen. Wird die Meldung in weiterer Folge nicht verbessert, hat die Behörde die Registrierung abzulehnen. Die Behörde war demnach im Recht.
Im konkreten Fall musste sohin auch die Frage geklärt werden, ob die zum „Eigen-/Objektschutz“ vorgenommene Videoüberwachung einer Zustimmung durch den Betriebsrat bedurfte. Nach den Ausführungen des VwGH kommt es darauf an, ob die Erfassung von Mitarbeitern wirksam ausgeschlossen werden kann oder nicht. Oder ob Mitarbeiter- und Mitarbeiterdaten möglicherweise nur „beiläufig“, gewissermaßen als Nebeneffekt erfasst werden.

Auch wenn sich der VwGH der Rechtsansicht der Post zur Auslegung der Bestimmungen des Datenschutzgesetzes größtenteils nicht anschließen konnte, obsiegte sie dennoch: Der Revision wurde stattgegeben. Grund dafür war die Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Post hatte im Verfahren unter anderem vorgebracht, dass die Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze auch abseits jener Bereiche, in denen gefilmt wird, aufsuchen können. Zum Beweis wurde die Einvernahme mehrerer informierter Vertreter beantragt. Die Vorinstanz verwies jedoch darauf, dass die überwachten Bereiche im Unternehmen täglich von den Mitarbeitern stark frequentiert werden, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen wurde – zu Unrecht, wie der VwGH feststellte: Eine mündliche Verhandlung wäre jedenfalls durchzuführen gewesen, weil nicht von vornherein angenommen werden könne, dass die beantragten Zeugen nicht zur Klärung der Rechtssache beitragen können. Das angefochtene Erkenntnis wurde daher aufgehoben und der Bund muss eine Aufwandsentschädigung für die angefallenen Anwaltskosten auf Seiten der Post leisten.

Wichtige Info: Ab 25.5.2018 gelten die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung (kurz: DS-GVO). Damit entfällt die Meldepflicht. Stattdessen obliegt es den Unternehmen künftig selbst, das Risiko von Datenanwendungen zu beurteilen und entsprechende Maßnahmen zum Schutz der Daten zu ergreifen. Diese Datenanwendungen sind dann intern zu dokumentieren. Unter bestimmten Voraussetzungen haben Verantwortliche auch Verarbeitungsverzeichnisse zu führen.

STEPHAN KLIEMSTEIN