AllgemeinStreit mit dem Nachbarn

Dezember 11, 2017

Wehe dem, der seine Garage zu nahe an die Grundstücksgrenze baut. Aber wie viel Abstand muss eigentlich beim Kellergeschoss eingehalten werden? Von wegen gute Nachbarschaft: Annäherungsversuche unter Nachbarn führen nur selten zu einem innigen Verhältnis – vor allem dann, wenn der vorgeschriebene Abstand zur Grundstücksgrenze missachtet wird. Solche Streitigkeiten sind unter Nachbarn besonders häufig und sie enden mit teils erbitterten Feindschaften.

Wie viel Platz man dem Nachbar lassen muss, ist in Österreich unterschiedlich geregelt, weil die Baugesetzgebung und damit auch die Regelung, wie nahe an das Nachbargrundstück gebaut werden darf, den einzelnen Bundesländern obliegen. Ein für Salzburger Bauherren relevantes Urteil in Bezug auf den einzuhaltenden Mindestabstand hat nunmehr der Verwaltungsgerichtshof gefällt. In seinem aktuellen Erkenntnis klärte der VwGH die Frage, wann ein Kellergeschoß als unterirdisch und wann als oberirdisch zu beurteilen ist. Diese Beurteilung ist von Bedeutung, weil sich danach der notwendige Abstand zu den angrenzenden Grundstücken bestimmt.

Das Landesverwaltungsgericht in Salzburg vertrat die Ansicht, dass ein Nachbar die Frage, ob ein Geschoß als unterirdisch oder oberirdisch gilt, nur dann geltend machen kann, wenn dieses Geschoß auf der seinem Grundstück zugewandten Seite überwiegend über dem natürlichen Gelände liegt. Der VwGH war anderer Meinung: Zwar treffe es grundsätzlich zu, dass Nachbarn einen Rechtsanspruch auf Erlassung entsprechender Maßnahmen nur im Falle einer Abstandsverletzung an der ihrem Grundstück zugewandten Gebäudefront haben. Die Beurteilung der Frage, ob ein Geschoss als unterirdisch oder oberirdisch gilt, könne aber immer nur für das gesamte Geschoß einheitlich erfolgen – also unabhängig davon, gegenüber welcher Grundgrenze das Kellergeschoß oberirdisch oder unterirdisch ist.

Zu beurteilen ist dabei, ob das Geschoß über mindestens die Hälfte seiner horizontalen Fläche mit mehr als einem Meter über das angrenzende natürliche Gelände oder das neu geschaffene Niveau hinausragt. Erweist sich das Geschoß nach dieser Definition als oberirdisch, kann ein Nachbar auch dann die Einhaltung der Abstandsbestimmungen geltend machen, wenn dieses oberirdische Geschoß auf der seinem Grundstück zugewandten Seite überwiegend oder sogar zur Gänze unter dem Geländeniveau liegt.

Auf diese Weise lässt sich feststellen, ob hinsichtlich des Kellergeschoßes eine Abstandsbestimmung von zwei oder sechs Metern einzuhalten ist. Unterirdische Bauten und unterirdische Teile von Bauten müssen nämlich in der Regel einen Abstand von mindestens zwei Meter von der Grenze des Bauplatzes haben. Verfahrensgegenständlich war ein Baugrundstück in Salzburg, für das im Bebauungsplan eine maximale Bauhöhe von zwei oberirdischen Geschossen und eine Baugrenzlinie von sechs Metern festgelegt wurde.

STEPHAN KLIEMSTEIN