Der VwGH stellt in einer aktuellen Entscheidung klar, wann eine Vorführung zur Blutabnahme zulässig ist.
Don’t drink and drive, soviel ist klar. Mit Alkohol am Steuer ist nicht zu spaßen. Was aber, wenn man betrunken beim Autofahren erwischt wird – gibt es dann ein Wahlrecht zwischen Alkomat oder Amtsarzt? Mit dieser Frage musste sich der Verwaltungsgerichtshof befassen.
Weil er mit seinem Auto besonders auffällig im Straßenverkehr fuhr, wurde ein Tiroler von zwei Polizisten angehalten und kontrolliert. Beide Beamte nahmen starken Alkoholgeruch wahr. Ein durchgeführter Alkovortest ergab 2,22 Promille. Der Fahrer gab an, Bier getrunken und Tabletten eingenommen zu haben. Außerdem habe er die Zahnhaftcreme „Fittydent“ verwendet. Unklar war, ob und wie sich die Creme auf den Grad der Alkoholisierung auswirkt. Eine Nachschau der Beamten im Internet ergab, dass es verschiedene Zahnhaftcremen von „Fittydent“ gibt, darunter alkoholhältige und welche ohne Alkohol. Es konnte aber nicht festgestellt werden, welche davon der Lenker verwendet hat.
Aus diesem Grund forderten die Beamten den Mann dazu auf, sich zur Blutabnahme bei einem Arzt zu begeben. Einer Blutabnahme stimmte der Mann aber nicht zu, weil er Bluter und Herzinfarktpatient sei. Er wäre jedoch bereit, den Alkomattest durchzuführen. Damit wiederum waren die Polizeibeamten nicht einverstanden. Das Verhalten des Fahrers werteten sie als Verweigerung der Blutabnahme, es wurde eine Geldstrafe von Euro 1.600 verhängt.
Dagegen setzte sich der Mann zu Wehr, blitzte aber vor dem Verwaltungsgericht ab. Das Gericht ging nämlich davon aus, dass es kein Wahlrecht bei Alkoholkontrollen, und damit auch keinen Anspruch gebe, dass zunächst eine Überprüfung des Atemluftalkoholgehaltes durchzuführen ist. Vielmehr sei es alleine die Aufgabe und Kompetenz des einschreitenden Organs über die Durchführung der Alkoholkontrolle zu entscheiden. Insofern hätten Aufgeforderte kein Wahlrecht, ob eine Atemluftprobe oder ein Blutalkoholtest durchgeführt wird.
Zu einem anderen Ergebnis gelangte der Verwaltungsgerichtshof: Die Vorführung einer Person zur Blutabnahme setze bei Verdacht einer Alkoholisierung voraus, dass die Untersuchung der Atemluft mittels Alkomaten aus Gründen, die in der Person des Probanden gelegen sind, nicht möglich ist. Dies sei der Fall, wenn die Person aus „medizinischen Gründen“ nicht in der Lage ist, den Alkomaten ordnungsgemäß zu beblasen, etwa bei schweren Verletzungen oder Bewusstlosigkeit.
Mit einer Blutabnahme verbunden ist nämlich immer auch der Eingriff in die körperliche Integrität, was möglichst vermieden werden soll. Der Gedanke, dass die Anordnung der Blutalkoholuntersuchung nur dann erfolgen soll, wenn ein Alkomattest nicht möglich ist, trage daher dem Erfordernis der Wahl des gelindesten Mittels Rechnung. Nur dann, wenn der Lenker aus gesundheitlichen – physischen oder psychischen – Gründen nicht dazu in der Lage ist, hinsichtlich Blasvolumen, Blaszeit oder Atmung so auszuatmen, dass der Alkomat ein korrektes Ergebnis anzeigt, ist die Untersuchung nicht möglich und eine Blutuntersuchung zulässig.
Allein die Vermutung, das Ergebnis der Atemluftuntersuchung könnte durch verwendete Substanzen, wie etwa einer Zahnhaftcreme, verfälscht werden, reiche für die Anordnung einer Blutuntersuchung nicht aus. Durch die Verwendung einer Zahnhaftcreme wird die Atemalkoholmessung nicht unmöglich gemacht. Auf Wunsch des Fahrers hätte daher richtigerweise ein Test mittels Alkomat durchgeführt werden müssen.
Fragen und Antworten:
Wann darf die Polizei einen Alkoholtest durchführen?
Nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung sind Beamte berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder es versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Alkoholtests dürfen damit auch ohne Anhaltspunkte oder einen Verdacht auf Alkoholisierung durchgeführt werden.
Was passiert, wenn der Alko-Test verweigert wird?
Wird der Alkomattest grundlos, also ohne Vorliegen medizinischer Gründe verweigert, geht die Behörde vom höchsten Alkoholisierungsgrad aus. Konkret drohen Konsequenzen wie bei Fahrern, die mit 1,6 Promille Alkoholgehalt im Blut erwischt werden – nämlich Geldstrafen bis zu 5.900 Euro. Zudem wird der Führerschein für mindestens sechs Monate entzogen.
Unter welchen Voraussetzungen darf eine Blutabnahme durchgeführt werden?
Nur wenn aus medizinischen Gründen kein Alkomattest durchgeführt werden kann, weil beispielsweise nicht ausreichend Lungenvolumen für verwertbare Messungen aufgebaut wird, und zudem der Verdacht einer Alkoholisierung besteht, ist eine Blutabnahme durch einen Arzt vorzunehmen. Wer sich weigert, hat dieselben Konsequenzen wie bei der Verweigerung eines Alkomattests zu befürchten.
Gibt es eine Wartezeit vor dem Test?
Zwischen dem Alkomattest und dem letzten Alkoholkonsum müssen mindestens 15 Minuten vergangen sein. Diese Zeit muss von den Beamten gewährt werden, damit der Test zuverlässig ist. Ein Zuwarten kann auch dann verlangt werden, wenn kurz vor dem Test etwas gegessen oder getrunken wurde und zu befürchten ist, dass dadurch das Ergebnis verfälscht werden könnte. In der Wartezeit ist es nicht gestattet, zu rauchen, zu essen oder Mundsprays zu verwenden.
STEPHAN KLIEMSTEIN