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Wie man alte Rechtsverstöße im Netz findet

Wie die „Wayback Machine“ seit 20 Jahren Internetseiten archiviert und so zu einem wichtigen Werkzeug in Zivilprozessen wurde. Das Internet ist riesig. Und es wächst ständig weiter. Angebote kommen hinzu, Seiten gehen offline, Inhalte werden gesperrt oder aktualisiert. „Leider können wir nicht auf diese Seite zugreifen“, steht im Browserfenster, wenn eine Webseite irgendwann im digitalen Nirvana verschwunden ist. Doch das Netz merkt sich alles, heißt es. Und ein bisschen stimmt das sogar. Denn ein gemeinnütziges Projekt kämpft seit Jahrzehnten gegen das Vergessen im World Wide Web.

Seit mittlerweile 20 Jahren setzt ein Team rund um den Informatiker Brewster Kahle alles daran, die digitale Welt zu archivieren, damit man auch in Jahrzehnten noch im Web der 90-iger Jahre recherchieren kann, selbst wenn die damals aktuellen Seiten längst nicht mehr existieren. „Internet Archive“ hat Kahle, der 1995 das WAIS-Datenbanksystem an AOL und 1999 seinen Web-Statistikdienst Alexa an Amazon (für angeblich 250 Millionen US-Dollar) verkauft hat, sein Lebenswerk getauft. Ein engagiertes Vorhaben, denn mit der Plattform „archive.org“ hat sich der Gründer hohe Ziele gesetzt: Er will das gesamte Internet archivieren und über Suchfunktionen zugänglich machen. Es ist eine Art Online-Museum, das per Mausklick Zeitreisen ermöglicht. Und es ist ein komplizierter Prozess: Bis heute lassen sich manche Daten nur schwierig oder gar nicht archivieren, was dazu führt, dass das Erscheinungsbild mancher Seiten stark von der ursprünglichen Darstellung abweicht. Es fehlen Navigationsleisten, Verlinkungen funktionieren teilweise nicht und manchmal werden überhaupt keine Bilder angezeigt. Fantastisch ist das Recherche-Werkzeug, das Zeitreisen in ein Internet aus einem anderen Jahrtausend ermöglicht, dennoch.

Mit der Such-Engine „Wayback Machine“ gelangt man zurück bis zu den Anfängen des Internets, als das Web noch nicht zum Alltag gehörte. Dafür muss der Nutzer lediglich die Internetadresse (URL) in eine Suchleiste kopieren. Heute ist aus dem anfangs belächelten Projekt „The Internet Archive“ ein gigantisches Online-Archiv geworden, dessen bis 1996 zurückreicht. In vier Rechenzentren werden Millionen von Texten, Videos, Bildern, Software und Audiofiles gespeichert. Ein Ort der Erinnerung, frei zugänglich für jedermann. Um das Wissen und die Inhalte im Netz zu konservieren, werden regelmäßig – im Schnitt alle paar Monate – Schnappschüsse erzeugt und somit unzählige Webseiten gesammelt, „gespiegelt“ und katalogisiert. Auf diese Weise generiert das Internet-Archiv Momentaufnahmen von mehreren hundert Milliarden Webseiten – die Seiten lassen sich auch dann noch finden, wenn sie bereits längst gelöscht wurden.

Inzwischen gibt es neben der bekannten „Wayback Machine“ noch weitere Onlinearchive, die alte Websites wieder zugänglich machen (darunter „oldweb.today“). Das Recherche-Werkzeug ist dabei nicht nur ein nettes Gimmick für Nostalgiker, die noch einmal wie vor 20 Jahren surfen wollen.
Längst ist die Plattform zum wichtigen Helfer für Juristen bei der Dokumentation von Rechtsverstößen im Internet geworden. Mit der „Wayback Machine“ können nämlich nicht nur längst vergangene Webseiten rekonstruiert werden. Auch konkrete Zeiträume lassen sich dabei ermitteln: Wann ist die Seite online oder offline gegangen? Wann wurden Inhalte geändert oder entfernt? Über die Plattform kann auf diese Weise auch festgestellt werden, wie lange ein Rechtsverstoß angedauert hat, was sich als besonders nützlich bei der Dokumentation von Verstößen gegen das geistige Eigentum erweist. Etwa wenn fremde Marken- oder Urheberrechte verletzt werden. Anhand der archivierten Seiten lässt sich selbst Jahre später noch feststellen, wie lange ein fremdes Bild oder der Text eines anderen auf einer Webseite ohne Erlaubnis des Rechteinhabers verwendet wurde. Diese Erkenntnisse dienen als Beweis in Gerichtsprozessen und als Basis zur Ermittlung von Schadenersatzansprüchen, denn: Je länger ein Bild widerrechtlich im Netz verwendet wird, desto höher sind die Ansprüche des Urhebers.

STEPHNA KLIEMSTEIN