Eine gerade noch 13-Jährige und ihr 16-jähriger Freund hatten einvernehmlich Geschlechtsverkehr. Danach verklagte sie den Buben auf 10.000 Euro. Die Freiheit des Einzelnen, über seine Geschlechtssphäre und sexuelle Beziehungen frei zu entscheiden, ist nicht bloß ein schützenswertes Gut. Es ist vielmehr ein Persönlichkeitsrecht, das jedem Menschen zusteht, unabhängig von Alter, Geschlecht und Lebenswandel.
Besonders Unmündige gilt es vor sexuellen Übergriffen zu schützen, wobei dieser Schutzgedanke auch nicht über das Ziel hinausschießen sollte. Besonders schwierig ist die Beurteilung bei jungen Liebespärchen, für die Sexualität noch ein Feld der Neugierde oder des beginnenden Experimentierens ist. Nicht selten beschäftigen solche Fälle dann die Gerichte und Sachverständigen. Wer nämlich mit einer unmündigen Person schläft, auch wenn es einvernehmlich ist, dem droht eine Strafe zwischen einem und zehn Jahre.
Weil es schlichtweg nicht mehr zeitgemäß war, Sex oder ähnliche Handlungen unter annähernd Gleichaltrigen zu kriminalisieren, wurde mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 1998 eine Alterstoleranzklausel eingeführt, auch als „Straflosigkeit der Kinderliebe“ bekannt. Kein schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen liegt demnach vor, wenn der Altersunterschied zwischen den Personen maximal drei Jahre beträgt, die unmündige Person weder gequält noch erniedrigt wurde und der Geschlechtsverkehr keine schwere Körperverletzung oder den Tod zur Folge hatte. Voraussetzung ist aber auch, dass die unmündige Person zumindest das 13. Lebensjahr vollendet hat.
Sind diese Voraussetzungen gegeben, liegt keine Straftat vor. Wie der Oberste Gerichtshof jetzt in einer jüngst ergangenen Entscheidung klargestellt hat, scheiden damit auch zivilrechtliche Schadenersatzansprüche nach dem § 1328 ABGB aus, der ganz allgemein die Willensfreiheit bezüglich der Geschlechtssphäre schützt.
Ein Mädchen klagte ihren Freund auf 10.000 Euro Schadenersatz, nachdem die beiden einvernehmlichen Sex während einer aufrechten Beziehung hatten. Für die Klägerin war es das erste Mal – sie war damals 13 Jahre und 11 Monate alt, ihr Freund knapp über 16. Vom Alter her befanden sich damit beide innerhalb der Toleranzgrenze. Zu klären galt es noch, ob bei dem Mädchen eine schwere Körperverletzung vorlag. Diagnostiziert wurde bei ihr eine erhebliche krankhafte Anpassungsstörung im klinisch relevanten Umfang, wobei das Mädchen unter dieser Störung etwa zwei bis drei Wochen lang litt.
Eine schwere Körperverletzung lag damit nicht vor. Von einer solchen ist nämlich nur dann auszugehen, wenn die Gesundheitsschädigung länger als 24 Tage andauert. Nach Ansicht des Höchstgerichts waren damit sämtliche Voraussetzungen für den Strafausschließungsgrund gegeben. Während das Berufungsgericht dem Mädchen eine Entschädigung nach § 1328 ABGB zusprach, billigte der OGH diese Entscheidung nicht. Aufgrund des Strafausschließungsgrundes – es lag damit auch keine Straftat vor – fehle auch die Grundlage für die geforderte zivilrechtliche Entschädigung.
STEPHAN KLIEMSTEIN