Im Flugverkehr kommt es immer wieder zu Verspätungen. Wir verraten, wann Sie als Passagier Anspruch auf Entschädigung haben.
Stundenlanges Warten in Flughafenlounges, verpasste Anschlussflüge, zusätzliche Hotelnächte. Verspätungen im Flugverkehr sind ärgerlich. Was viele nicht wissen: Sie sind auch lukrativ. Fluggäste haben in gewissen Fällen nämlich das Recht, Ausgleichszahlungen einzufordern. Geregelt ist das in der EU-Fluggastrechteverordnung.
Jedes Jahr sammeln sich wegen Flugverspätungen Entschädigungsansprüche in Millionenhöhe. Doch nur wenige fordern sie tatsächlich ein: 2013 gab die EU-Kommission bekannt, dass einer Studie zufolge, gerade einmal zwei bis vier Prozent der Betroffenen Ausgleichsansprüche lukriert. Die Airlines stört das nicht. Doch die Zahl jener, die von ihrem Recht auf Entschädigung Gebrauch machen, scheint stetig zu wachsen. Erst kürzlich wurde bekannt, dass die Fluglinie Air Berlin für Verspätungen und Flugausfälle in den letzten Monaten Entschädigungszahlungen von mehr als zehn Millionen Euro zu bezahlen hat.
Für welche Flüge gilt die EU-Verordnung?
Die Verordnung ist auf Flüge anzuwenden, die von einem EU-Mitgliedsstatt aus gestartet sind. Weiters gilt sie, wenn in einem EU-Mitgliedstaat gelandet wird und die Airline ihren Sitz in der EU hat, wobei Hin- und Rückflug als zwei verschiedene Flüge gelten.
Wann habe ich Anspruch auf Entschädigung?
Ist der Flug mehr als drei Stunden verspätet, besteht Anspruch auf eine Ausgleichs- beziehungsweise Entschädigungszahlung. Voraussetzung ist, dass die Fluggesellschaft selbst für die Verspätung verantwortlich gewesen ist. Im Falle von „außergewöhnlichen Umständen“, wie etwa einem Streik oder Naturkatastrophen, besteht in der Regel kein Anspruch, wenn die Airline den Zwischenfall nicht durch zumutbare Maßnahmen vermeiden hat können.
Wie hoch ist der Ausgleichsanspruch?
Je nach Distanz zur Destination beträgt die Höhe der Entschädigungszahlung zwischen 250 und 600 Euro. Was der Flug tatsächlich gekostet hat, spielt dabei ebenso wenig eine Rolle, wie die Frage, ob es sich um eine Pauschalreise gehandelt hat.
Haben Betroffene noch mehr Rechte?
Neben einer Entschädigung muss die Fluggesellschaft auch eine Übernachtung im Hotel ermöglichen, wenn dies aufgrund der Verzögerung nötig ist. Ab einer zweistündigen Verspätung sind Getränke und Snacks oder Gutscheine zur Verfügung zu stellen, die dann in einem der Flughafenshops eingelöst werden können. Zudem haben Passagiere Anspruch auf Telefonate und E-Mails.
Benötige ich einen Anwalt für die Geltendmachung der Ansprüche?
Die Ansprüche können – außergerichtlich – auch ohne Anwalt geltend gemacht werden. Erfahrungsgemäß ist es als Privatperson aber bedeutend schwieriger, diese durchzusetzen. Manche Betroffene erhalten überhaupt keine Reaktion, andere werden mit Standardschreiben abgelehnt. Besonders schwierig wird es für den juristischen Laien, wenn sich die Fluggesellschaft auf technische Probleme beruft. Spätestens dann sollte man einen Anwalt einschalten.
Wann verjähren die Ansprüche?
Die Entschädigungsansprüche verjähren erst nach drei Jahren. Wer es bislang versäumt hat, Ausgleichszahlungen einzufordern, kann dies auch noch rückwirkend tun.
STEPHAN KLIEMSTEIN