Wer auf dem Grundstück eines anderen Pflanzen einsetzt, muss sich nach der jüngsten Rechtsprechung des OGH vertraglich absichern, wenn er das Eigentum daran nicht verlieren möchte.
„Denn was der Mensch sät, das wird er ernten“, heißt es. Nach den Bestimmungen des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) ist das so nicht ganz richtig. Eigentum an einem Baum bestimmt sich demnach nicht nach den Wurzeln, die sich in einem angrenzenden Grundstück verbreiten, sondern danach, wo der Stamm des Baumes steht. Befindet sich dieser auf den Grenzen zweier Eigentümer, so gehört beiden der Baum. Selbiges gilt beim Säen und Pflanzen. Saatgut und Setzlinge sind künstlicher Zuwachs und wachsen als unselbständige Bestandteile grundsätzlich dem Grundeigentümer zu. Der Grundeigentümer erwirbt damit auch das Eigentum an jenen Pflanzen, die zuvor im fremden Eigentum standen.
Soll dieser Grundsatz nicht zur Anwendung gelangen, bedarf es einer entsprechenden Vereinbarung. Oder aber es darf keine dauernde Verbindung zwischen Grund und Pflanzen geben, wobei auch eine bloß vorübergehende Verbindung und jederzeitige Trennbarkeit nicht automatisch dazu führen, dass der Grundeigentümer das Eigentum an den fremden Pflanzen erwirbt. Soll heißen: Können die Pflanzen ausgegraben werden, ohne dass die Substanz darunter leidet, bleiben sie im Eigentum desjenigen, der sie eingesetzt hat.
Zu diesem Ergebnis ist der Oberste Gerichtshof in einer aktuellen Entscheidung gelangt. Ein Mann klagte einen Grundeigentümer auf Herausgabe von Pflanzen, die er auf dessen Boden eingesetzt hatte. Laut Kläger wurden die Pflanzen im Rahmen des Betriebs einer Baumschule eingesetzt, die den Grund vom Beklagten gepachtet hatte. Die Pflanzen sollten im Eigentum des Klägers bleiben und der Baumschule nur im Rahmen eines öffentlich zugänglichen Pflanzenschaugartens und eines Blumen-Erlebnis-Parks dienen. Mit dem Grundeigentümer gab es jedoch keine vertragliche Beziehung.
Nach den Feststellungen schlugen die gesetzten Pflanzen bereits Wurzeln und verwuchsen mit dem Boden. Während ein Teil ohne Beschädigung ausgegraben hätte werden können, wäre die Entnahme bei einem Gros der Pflanzen nur unter Beeinträchtigung der Substanz möglich gewesen. Auch hätten die Kosten der Entnahme und der Renaturierung des Geländes den eigentlichen Wert des Pflanzenbestands deutlich überstiegen. Zwar gingen der Pflanzenschaugarten und der Blumen-Erlebnis-Park in Betrieb, sie wurden aber nach einiger Zeit – ebenso wie die Baumschule, die den Grund gepachtet hatte – wieder geschlossen. Danach kam es zum Streit zwischen dem Grundeigentümer und dem vermeintlichen Eigentümer der Pflanzen.
Das Erstgericht wies die Klage zunächst ab, weil der Kläger sein Eigentum an den Pflanzen an den Grundeigentümer nach der einschlägigen Bestimmung des ABGB verloren habe. Anders sah es das Berufungsgericht, das den Eigentumserwerb des Grundeigentümers vereinte und das Ersturteil zur Verfahrensergänzung aufhob. In letzter Instanz entschied nunmehr der OGH: Das Höchstgericht stellte das Urteil des Erstgerichts wieder her und wies in der Begründung darauf hin, dass ein Abweichen vom Grundsatz, dass die Pflanzen auf fremden Grund dem Grundeigentümer zuwachsen, einer Vereinbarung zwischen den Eigentümern von Grund und Pflanzen bedarf. In einer solchen Vereinbarung muss zum Ausdruck gebracht werden, dass eine Verbindung zwischen Pflanzen und Erdreich nicht dauerhaft erfolgen soll.
Da es eine solche vertragliche Regelung im vorliegenden Fall nicht gab, verloren die eingesetzten Pflanzen angesichts der bereits vorhandenen Verwurzelung – und der damit einhergehenden mangelnden Trennbarkeit mit dem Erdreich – ihre rechtliche Selbständigkeit, was auch den Eigentumsverlust des Klägers zur Folge hatte. Seine Herausgabeklage blieb daher ohne Erfolg.
STEPHAN KLIEMSTEIN