Die internationale Handelskammer (ICC) gab ihren Schiedsregeln eine neue Fassung, die ab 1.3.2017 Gültigkeit hat. Der Schwerpunkt der nunmehrigen Revision liegt in der Möglichkeit bei kleineren Forderungen ein, generell stark im Trend liegendes, beschleunigtes Schiedsverfahren zu wählen.
Die ICC entschied sich für die Systematik (vgl. Art. 30 samt Appendix VI der Schiedsregeln), dass auf geltend gemachte Forderungen bis zu 2 Millionen USD die Regeln über ein beschleunigtes Verfahren generell anzuwenden sind. Die Parteien des Schiedsverfahrens können allerdings von ihrem opt-out-Recht Gebrauch machen, sodass die „normalen Schiedsregeln zur Anwendung gelangen. Ebenso können die Parteien auf Forderungen, die 2 Millionen USD übersteigen, die Regeln für das beschleunigte Verfahren wählen (opt-in).
Grundsätzlich ist das beschleunigte Verfahren dadurch geprägt, dass
– lediglich ein Schiedsrichter bestellt wird,
– dieser keine schriftlichen „terms of reference“ (Prozessstrukturierung) zu erstellen hat, allerdings
– binnen 15 Tagen nach Fallübergabe eine Konferenz mit den Parteien abzuhalten hat,
– die Parteien während des Verfahrens keine neuen Ansprüche geltend machen dürfen und
– der Schiedsrichter binnen 6 Monaten nach der Konferenz mit den Parteien den Schiedsspruch zu fällen hat.
Neben diesen Vorgaben kann der Schiedsrichter weitreichende Anordnung treffen, um die Effizienz des Verfahrens zu gewährleisten (Beschränkung des Vorbringens und Beweismittel, Videokonferenzen anstatt Verhandlungen, Wahl eines reinen Urkundenverfahrens).
Sofern im Streitfall die schiedsgerichtliche Zuständigkeit der ICC vereinbart wurde, empfiehlt es sich bestehende Verträge dahingehend zu prüfen, ob die Regeln für das beschleunigte Verfahren auf einen allenfalls zu entscheidenden Sachverhalt passen. Nahezu alle Schiedsinstitutionen von der VIAC bis zum LCIA haben Regeln für das beschleunigte Verfahren geschaffen, die allerdings zu den unterschiedlichsten Bedingungen zur Anwendung gelangen. Problematisch ist und bleibt gerade mit Blick auf die sehr kurz bemessenen Fristen beim beschleunigten Verfahren, dass der Kläger das Verfahren fast beliebig lange vorbereiten kann, der Beklagte aber sehr enge zeitliche Vorgaben zu erfüllen hat. Dies stellt bei komplexeren Sachverhalten eine besondere Herausforderung dar.
FELIX KÖNIG