Auch Betreiber von Profilseiten auf Social-Media-Plattformen sind für Kommentare und Bilder verantwortlich, die andere hinterlassen. Wie man sich richtig verhält.
Wer in einem Blog oder in Foren beleidigende oder hetzerische Beiträge postet, haftet nach dem Medienrecht. Weniger bekannt ist, dass dies auch für Profile bei sozialen Netzwerken gilt – der Inhaber einer Facebook- oder Google-Plus-Seite haftet nämlich unter Umständen auch für Kommentare, die andere Nutzer auf seiner Pinnwand abgegeben. Wir haben für Sie die wichtigsten Verhaltensregeln zusammengefasst.
1. Wer ist für eine Seite auf Facebook verantwortlich?
Verantwortlich ist der Medieninhaber im Sinne des Mediengesetzes. Aber wer ist das? Diese Frage hat der Oberste Gerichtshof geklärt: Medieninhaber einer Facebook-Seite ist, wer die Möglichkeit hat, Kommentare ganz zu löschen, für andere User unsichtbar zu machen und andere Kommentierende zu „sperren“. Also derjenige, der sich um die inhaltliche Gestaltung der Seite kümmert und die Ausstrahlung, Abrufbarkeit oder Verbreitung entweder besorgt oder veranlasst. Kurzum: der Administrator beziehungsweise Profilbetreiber.
2. Muss ich als Medieninhaber tätig werden?
Sobald ich als Medieninhaber Kenntnis von einer Rechtsverletzung auf meiner Seite erlange, muss ich handeln. Wird beim Durchforsten der Seite ein Beitrag entdeckt, der fremde Rechte verletzt, zum Beispiel eine beleidigende Äußerung, muss ich sie löschen. Selbiges gilt, wenn ein Nutzer, der sich in seinen Rechten verletzt fühlt, die Löschung begehrt. Einem juristischen Laien fällt es unter Umständen schwer, eine Rechtswidrigkeit zu erkennen. Deshalb muss die Rechtsverletzung selbst für den juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen leicht erkennbar sein. Bei der Beurteilung kommt es auf die gebotene Sorgfalt an – sowie auf die Vielfalt an Websites, auf denen Äußerungen zugänglich gemacht werden, auf die rasche Entwicklung elektronischer Medien, deren technische Gegebenheiten, die Verkehrsauffassung und die Besonderheiten des Internets, wie die Höchstrichter betonen. Auch die Meinungsfreiheit, die eine offene und lebendige Diskussion zu gesellschaftlich bedeutenden Fragen in einer demokratischen Öffentlichkeit gewährleisten soll, ist zu berücksichtigen.
Wenn es unklar ist, ob eine Rechtsverletzung vorliegt, darf man ebenfalls nicht untätig bleiben. Auch in diesem Fall trifft den Inhaber der Facebook-Seite nämlich die Pflicht, unverzüglich eine juristische Überprüfung der behaupteten Rechtsverletzung zu veranlassen. Zu einer solchen Prüfung ist man verpflichtet, wenn die Rechtsverletzung nicht offenkundig, also für den juristischen Laien nicht evident ist. Oder es unklar ist, ob das Posting vom Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt ist.
In solchen Fällen ist das Einholen eines juristischen Rats zur Klärung der Rechtswidrigkeit dringend geboten. Die Prüfung muss sofort veranlasst werden, jedenfalls ohne unnötige Verzögerung.
3. Unterschied zwischen Privaten und Profis?
In der Judikatur werden gewerbliche und private Medieninhaber unterschiedlich beurteilt. Das liegt daran, dass von einem professionellen Betreiber, der auch wirtschaftliche Interessen an den veröffentlichten Kommentaren hat, ein höherer Kenntnisstand der Gesetzgebung und Rechtsprechung und somit eine raschere Reaktion zu erwarten ist als von einer Privatperson, die auf ihrem Facebook-Profil ein Gästebuch eingerichtet hat. In beiden Fällen dürfen die Sorgfaltspflichten des Medieninhabers aber nicht überspannt werden.
4. Wie rasch muss man Beiträge löschen?
Es gibt dafür keine allgemeingültige Frist. Werden beispielsweise Persönlichkeitsrechte verletzt, ist der Inhalt unverzüglich zu entfernen. „Unverzüglich“ ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff. Gemeint ist nicht ein sofortiges, sondern ein Handeln ohne schuldhafte Verzögerung.
Bei der Beurteilung, ob die Löschung rechtzeitig erfolgte, ist einerseits auf die Schwere der Rechtsverletzung und die Dringlichkeit der Reaktion abzustellen, andererseits sind auch Umstände aus der Sphäre des Medieninhabers zu berücksichtigen. Etwa ob es sich um eine professionell und auf kommerzieller Basis betriebene Website handelt, ob der Medieninhaber durch die Art und Präsentation eigener Inhalte ein besonderes Risiko einer Rechtsverletzung gesetzt hat oder er sonst aufgrund früherer Vorkommnisse damit rechnen musste.
Im Vorjahr wertete der Oberste Gerichtshof die Löschung von Postings ein bis zwei Tage nach der Einholung eines juristischen Rats und der anschließenden Kenntnis vom rechtsverletzenden Inhalt als gerade noch rechtzeitig. Beurteilt werden muss dies aber immer im Einzelfall.
STEPHAN KLIEMSTEIN