Viel Verwirrung um die schnellen E-Bikes: Wer sich ein Elektrofahrrad zulegt, das schneller als 25 km/h fahren kann, muss sich an die gesetzlichen Vorgaben halten. Ansonsten drohen Verwaltungsstrafen.
E-Bikes liegen im Trend. Seit Jahren boomt der Markt: 2015 sind die Verkaufszahlen im Vergleich zum Vorjahr über 50% gestiegen. Mittlerweile ist fast jedes fünfte verkaufte Fahrrad in Österreich ein Pedelec (Pedal-Electric-Vehicle) – so der Fachbegriff für Fahrräder, bei denen ein Elektromotor die Tretkraft des Fahrers verstärkt. Allerdings gibt es den Terminus Pedelecs im österreichischen Recht nicht. Fahrräder, die zusätzlich mit einem elektrischen Antrieb ausgestattet sind, bezeichnet man als Elektrofahrräder. Je nach Bauart und Leistung unterscheidet man zwischen einem Fahrrad nach der Straßenverkehrsordnung (StVO) und einem Kraftfahrzeug nach dem Kraftfahrgesetz (KFG). Daran sind unterschiedliche, nicht unerhebliche rechtliche Folgen geknüpft.
Pedelecs gelten als Fahrräder, solange die höchst zulässige Leistung nicht mehr als 600 Watt und die Bauartgeschwindigkeit nicht mehr als 25 km/h beträgt. Bei diesen Fahrrädern schaltet sich der Motor automatisch ab, wenn die Höchstgeschwindigkeit erreicht wird. Deshalb werden diese E-Bikes auch Pedelec 25 genannt. Für sie gelten die in der Fahrradverordnung festgelegten Ausrüstungsvorschriften – so wie für herkömmliche Fahrräder. Folglich ist auch ein Radweg zu benutzen, wenn ein solcher vorhanden ist. Davon zu unterscheiden sind E-Scooter, also Fahrräder, die ausschließlich mit einem Elektromotor und nicht durch Muskelkraft angetrieben werden. Oder anders gesagt: Hier unterstützt der Motor den Fahrer auch dann, wenn er nicht selbst in die Pedale tritt. Auch E-Scooter gelten als Fahrräder, wenn die in § 1 Abs. 2 a KFG festgelegten Grenzen (600 Watt- sowie 25 km/h- Grenze) nicht überschritten werden.
Es gibt aber auch noch andere E-Bikes, bei denen der Motor erst bei 45 km/h aufhört zu beschleunigen. Im Handel werden diese Räder regulär verkauft – und die Nachfrage steigt. Weil man mit diesen Bikes schneller als 25 km/h fahren kann, werden sie im Fachjargon als „S-Pedelecs“ oder „Schnelle Pedelecs“ bezeichnet. Für den legalen Betrieb benötigt man allerdings eine Einzeltypengenehmigung. Laut Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) werden die benötigten Dokumente von den Verkäufern oft nicht mitgeliefert. Deshalb kommt es bei der Zulassung immer wieder zu Problemen.
Rechtlich gesehen sind S-Pedelecs nämlich keine Fahrräder sondern Krafträder. Damit fallen sie – anders als Fahrräder – in den Anwendungsbereich des Kraftfahrzeuggesetzes (KFG), der Kraftfahrgesetz-Durchführungsverordnung (KDV) und des Führerscheingesetzes (FSG). Kurzum: Schnelle Pedelecs werden wie Mopeds behandelt. Es gelten für sie daher die gleichen rechtlichen Voraussetzungen wie für Motorfahrräder, nämlich die einschlägigen kraftfahrrechtlichen Bestimmungen gemäß § 2 Z 14 KFG. Das bedeutet, man benötigt zum Lenken zumindest einen Moped-Führerschein, eine Nummerntafel, die nötige technische Ausstattung und ein Erste-Hilfe-Set. Auch die Anmeldung bei einer Zulassungsstelle und der Abschluss einer Haftpflichtversicherung sind erforderlich. S-Pedelecs müssen nämlich zum Verkehr zugelassen sein. Und es sind die erlaubten sowie verbotenen Fahrflächen zu beachten: Radwege dürfen beispielsweise mit S-Pedelecs nicht befahren werden. Anders als bei den leistungsschwächeren Bikes ist das Tragen eines Helms bei den Rädern mit den starken Motoren verpflichtend.
Werden diese Vorgaben missachtet, erhöht sich das Haftungsrisiko bei Unfällen. Zudem drohen Verwaltungsstrafen. Theoretisch. Denn wo kein Kläger, da kein Richter. Derzeit scheint sich die Polizei für die schnellen Radler noch nicht zu interessieren. Zumindest sind nach Angaben der Landespolizeidirektion Salzburg keine Anzeigen gegen Fahrer von S-Pedelecs bekannt. Man habe vom BMVIT lediglich die Information erhalten, dass es sich bei E-Bikes um Fahrräder handelt. Zudem dürfte es in der Praxis durchaus schwierig sein, das Problem mit freiem Auge zu erkennen: S-Pedelecs sind optisch nicht von den 25 km/h-Pedelecs zu unterscheiden. Ein Freibrief ist das aber keineswegs.
STEPHAN KLIEMSTEIN